Auch aus der Entwicklung der Ölfunde lässt sich im Prinzip die künftige Ölförderung prognostizieren. Aber auch hier gibt es Intransparenz und Interpretationsbedarf.
Ein weiterer Blickwinkel aus dem die künftige Ölförderung prognostiziert werden kann, sind die Ölfunde. Im Internet finden sich Abbildungen wie die folgende:
Quelle: Ganser, D., 2011, Swiss Institut for Peace and Energy.
Es ist zu erkennen, dass zwischen 1935 und 1980 viel Öl gefunden worden ist, und seitdem die jährlichen Funde deutlich zurückgegangen sind. Seit Mitte der 1980er Jahre verbrauchen wir mehr Öl als wir neu finden.
Die Funde in den Jahren 2005-2012 sind etwas höher ausgefallen als prognostiziert. Auch wegen des höheren Ölpreises sind die Explorationsaufwendungen erhöht worden. Ergebnis: ca. 10 Mrd Barrel jährliche Neufunde. (Quelle gesucht)
Die Aussage der Abbildung ist eindeutig: Wir verbrauchen die gefundenen Ölvorräte deutlich schneller, als wir neue finden.
Bei Betrachtung der Datenerhebung und -aufbereitung stellt sich heraus, dass eine transparentere Erhebung und Aufbereitung zumindest wünschenswert ist.
Datenquelle?
Zunächst vermisse ich die Angabe einer Datenquelle. Ganser gibt als Datenquelle die ASPO an. Das ist recht unspezifisch. Bei der ASPO-Deutschland wird seine Abbildung auch verwendet, mit der Quellenangabe “Ganser”. Hmpf. Auf diese Weise legen wir den Sumpf nicht trocken. Es gibt unter den ASPO-Mitgliedern, wenn ich richtig informiert bin, Campell und Laherre, die beide in der Ölindustrie tätig waren und Zugang zu privatwirtschaftlichen Daten haben oder hatten. Wahrscheinlich kommen die Daten von ihnen. Es wäre trotzdem im Sinne der Transparenz, sowohl die Quelle anzugeben als auch die Definition von “Neufunden”. Das ist insofern wichtig, weil mit den Neufunden auch entsprechende Reserven gekoppelt sind, die je nach verwendeter Definition sehr unterschiedlich zu interpretieren sind.
Eine Abschätzung der Fundsumme in der Abbildung ergibt eine Größenordnung von 2 Billionen Barrel. Abzüglich des bereits geförderten Öls von etwa 1 Billionen Barrel bleiben ca. 1 Billionen Barrel Öl über. Von der Größenordnung entspricht dies den 2p-Reserven.
In den öffentlich zugänglichen Daten der eia und des BP-workbooks gibt es keine Datenreihe für “neue Funde”. Aus den dort veröffentlichten Reservedaten lassen sich die Funde auch nicht errechnen, weil die Daten als 1p-Daten deklariert sind.
Rückdatierung von Korrekturfunden
Was tun, wenn sich herausstellt, dass ein Feld größer ist als zunächst geschätzt? Ist das ein neuer Fund? Gegen die Verbuchung als neuer Fund spricht, dass das Feld ja bereits vorher entdeckt worden ist und dass mit den entdeckten Ölfeldern in einem Gebiet die Chancen sinken, weitere zu finden. Deshalb wird oft die Methode der Rückdatierung (engl. backdating) angewendet, und Funde zu dem alten Fund zur alten Entdeckungszeit hinzugerechnet.
Kritiker wenden ein, dass auf diese Weise neue Funde schon aus dem Grund kleiner ausgewiesen werden, weil zu diesen neuen Funden ja noch keine Korrekturfunde haben gefunden werden können. Es wäre daher im Sinne der Transparenz, die Rückdatierungen auszuweisen. Außerdem sollte den neuen Funden die erwarteten Korrekturfunde hinzuaddiert werden.
Es wäre auch aufschlussreich, etwas über die Größenordnung der Korrekturfunde zu erfahren. Im World Energy Outlook 2013 der IEA (S. 426) werden die Reservezuwächse mit etwa 3/4 des bekannten Öls angegeben. Wenn in der obigen Abbildung – wild geschätzt – für die letzten 10 Jahre zu den vorhandenen Funden nocheinmal 75% Korrekturfunde addiert werden, dann verbrauchen wir immer noch mehr als wir finden, die Differenz ist allerdings deutlich kleiner.
Daten zu der Qualität der Funde
Interessant wäre auch zu wissen, wo die neuen Funde liegen, wie groß sie jeweils sind und von welcher Art das Vorkommen ist. Das würde sowohl Hinweise auf die Förderbedingungen geben als auch auf die weiteren Fundwahrscheinlichkeiten.
Links
The 10 biggest oil and gas discoveries of 2013
Kleine Auflistung der Funde 2013.
Kashagan: Der letzte Gigant?
Einblicke in die Förderschwierigkeiten im kaspischen Meer (Blog: peak-oil.com).
Ölfunde in der Diskussion September 2016
Peak oil by any other name is still peak oil